Keine Zeit im Leben einer Frau bringt so viele Veränderungen mit sich wie eine Schwangerschaft. Das betrifft viele wichtige Fragen der Lebensführung und Lebensplanung, es betrifft aber auch das Zusammenspiel der Hormone im Körper.

Hände und nackter Bauch einer schwangeren Frau

Während einer Schwangerschaft werden alle hormonellen Abläufe darauf ausgerichtet, das ungeborene Kind bestmöglich zu versorgen. Dabei kann es passieren, dass der Blutzuckerhaushalt der werdenden Mutter aus dem Gleichgewicht gerät. Denn manche der Hormone, die während der Schwangerschaft gebildet werden, können die Wirkung des in der Bauchspeicheldrüse produzierten Insulins  herabsetzen. Gelingt es dem Körper nicht, diese Dysbalance auszugleichen, entsteht ein sogenannter Schwangerschaftsdiabetes, auch Gestationsdiabetes genannt.

Wie häufig ist
Schwangerschafts­diabetes?

Etwa 7 von 100 schwangeren Frauen entwickeln einen Schwangerschaftsdiabetes.1

Einmal Diabetes – immer Diabetes?

Keine Sorge: Wenn eine Frau einen Schwangerschaftsdiabetes entwickelt hat, bedeutet das nicht, dass sie von nun an für immer Diabetespatientin ist. In der Regel verschwindet der Schwangerschaftsdiabetes mit der Geburt wieder, da die hormonellen Abläufe danach wieder auf „nicht schwanger“ umgestellt werden.

Ist Schwangerschafts­diabetes schädlich für Mutter oder Kind?

Die Kinder von Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes sind bei der Geburt meistens etwas schwerer. Das hat in der Regel jedoch keine weiteren Auswirkungen. Die meisten Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes bringen ein gesundes Kind zur Welt, denn die Behandlungsmöglichkeiten sind heute sehr gut.

Voraussetzung ist jedoch, dass der Schwangerschaftsdiabetes rechtzeitig diagnostiziert wird und dass die werdende Mutter anschließend durch entsprechendes Gegensteuern eine stabile Blutzuckereinstellung erreicht. Denn ein unbehandelter Diabetes in der Schwangerschaft erhöht das Risiko für Geburtskomplikationen und kann langfristige Folgen für das Kind haben.2

Komplikationen durch Schwangerschafts­diabetes?

Bei Schwangeren mit Schwangerschaftsdiabetes kommt es häufiger zu einer Erhöhung des Blutdrucks, die von einer vermehrten Ausscheidung von Eiweiß im Urin begleitet sein kann. Der Arzt bzw. die Ärztin bezeichnet dies als Präeklampsie. Unbehandelt kann eine Präeklampsie der Mutter und dem Kind schaden.

In manchen Fällen treten vorzeitige Wehen auf, was das Risiko für eine Frühgeburt erhöhen kann. Um dem entgegenzuwirken, kann der Arzt bzw. die Ärztin die Insulindosis erhöhen oder wehenhemmende Medikamente verordnen. Falls eine Frühgeburt vor Beendigung der 34. Schwangerschaftswoche droht, erhält die werdende Mutter zwei Kortison-Injektionen, um die Ausreifung der Lunge des Babys zu beschleunigen.

Geburt: (fast) ganz normal

Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes sollten ihr Kind in einer Geburtsklinik mit angeschlossener Kinderklinik zur Welt bringen. So ist gewährleistet, dass das Neugeborene optimal versorgt werden kann.

Ein Kaiserschnitt oder eine Geburtseinleitung ist – sofern nicht andere Gründe dafür sprechen – allein aufgrund des Schwangerschaftsdiabetes in der Regel nicht notwendig.

Ausnahme: Wenn die schwangere Frau mit Insulin  behandelt wird, sollte der errechnete Geburtstermin nicht überschritten werden. Frauen, deren Schwangerschaftsdiabetes nur durch eine angepasste Ernährung und ausreichend Bewegung behandelt wird, können den errechneten Geburtstermin um einige Tage überschreiten.

Wie erkennt man einen Schwangerschafts­diabetes?

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestehender Schwangerschaftsdiabetes unerkannt bleibt, ist recht gering – sofern die werdende Mutter die empfohlenen Schwangerschaftsvorsorge-Termine wahrnimmt. Denn alle gesetzlich versicherten Schwangeren haben in der 24. bis 28. Schwangerschaftswoche Anspruch auf eine Testung auf Schwangerschaftsdiabetes. Diese wird in Form eines sogenannten oralen Glukosetoleranztests (oGTT) durchgeführt.

Wie funktioniert der Glukosetoleranztest?

Der Test besteht prinzipiell aus zwei Teilen: einem Vortest und einem Diagnosetest.

Vortest

Die schwangere Frau trinkt ein Glas Wasser, in dem 50 Gramm Zucker aufgelöst sind. Nach einer Stunde wird aus der Armvene Blut abgenommen und die Höhe des Blutzuckers  bestimmt. Wenn der Wert unauffällig ist (unter 7,5 mmol/l bzw. 135 mg/dl), dann ist die Untersuchung hiermit beendet – es bestehen keine Anzeichen für einen Schwangerschaftsdiabetes.

Diagnosetest

Ergibt sich beim Vortest jedoch ein erhöhter Blutzuckerwert, werden weitere Untersuchungen durchgeführt. Hierzu muss die Frau nüchtern in die Praxis kommen. Dort wird ihr zunächst Blut aus der Armvene abgenommen. Im Anschluss bekommt sie eine Zuckerlösung aus 300 ml Wasser und 75 Gramm Zucker, die sie schluckweise trinkt. Danach wird ihr zweimal Blut abgenommen, zuerst nach einer Stunde Wartezeit und noch einmal nach einer weiteren Stunde. Wenn einer der drei Blutzuckerwerte aus den Blutabnahmen auffällig ist, bedeutet das, dass die Frau einen Schwangerschaftsdiabetes hat.

Die Grenzwerte für die drei Blutuntersuchungen sind3:

Nüchtern: > 92 mg/dl (5,1 mmol/l)
Nach einer Stunde: ≥ 180 mg/dl (10,0 mmol/l)
Nach zwei Stunden: > 153 mg/dl (8,5 mmol/l)

Früher Gewissheit bekommen

Wenn eine Frau Risikofaktoren für einen Schwangerschaftsdiabetes hat – etwa weil sie stark übergewichtig ist, ihre Eltern oder Geschwister Typ-2-Diabetes  haben, die Frau bereits in früheren Schwangerschaften einen Schwangerschaftsdiabetes entwickelt hat oder weil die Frau über 35 Jahre alt ist – kann der Arzt bzw. die Ärztin den Glukosetoleranztest auch früher in der Schwangerschaft durchführen. Auf diese Weise kann frühzeitig eine entsprechende Therapie eingeleitet und somit das Risiko für Mutter und Kind minimiert werden.3

Wie lässt sich Schwangerschafts­diabetes behandeln?

Das A und O bei der Behandlung des Schwangerschaftsdiabetes ist eine gute Blutzuckereinstellung. Gelingt es, die Blutzuckerwerte der schwangeren Frau stabil unter den Grenzwerten zu halten, reduziert dies die diabetesbedingten Risiken erheblich. Bei zwei von drei Schwangeren reicht bereits eine Änderung der Ernährung und des Lebensstils aus, um den Blutzucker  zu normalisieren.3 Zentral sind hierbei eine Umstellung auf eine gesunde, diabetesgerechte Ernährung sowie ausreichend Bewegung.

Zwei schwangere Frauen walken im Freien mit Hanteln

Sollten diese Maßnahmen nicht ausreichen, um die Blutzuckerwerte zu senken, muss eine medikamentöse Therapie eingeleitet werden. Diabetesmedikamente in Tablettenform dürfen in der Schwangerschaft nicht eingenommen werden. Daher kommt in diesem Falle Insulin  zum Einsatz. Meist muss nur eine sehr geringe Menge Insulin  injiziert werden. Da sich der Hormonstatus im Laufe der Schwangerschaft mehrfach ändert, ist es erforderlich, die Blutzuckerwerte fortlaufend zu kontrollieren und die Therapie in Absprache mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin immer wieder anzupassen.3

Und wenn das Baby da ist?

Mit der Geburt normalisiert sich der Blutzucker  in den meisten Fällen wieder. Trotzdem ist es wichtig, den Blutzucker  auch nach der Geburt zu kontrollieren und weiter im Auge zu behalten. Denn etwa 50 Prozent der Frauen, die einen Schwangerschaftsdiabetes hatten, entwickeln in den ersten 10 Jahren nach der Geburt einen Typ-2-Diabetes .2

Weitere Informationen finden werdende Mütter auch in dieser Broschüre:

Broschüre „Informationen zum Schwangerschaftsdiabetes“
Referenzen:
  1. Robert Koch-Institut. Gestationsdiabetes in Deutschland: Zeitliche Entwicklung von Screeningquote und Prävalenz. https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/Focus/JoHM_02_2021_Schwangerschaftsdiabetes.pdf?__blob=publicationFile. Zuletzt abgerufen am 02.05.2023.
  2. Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe. Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2022. https://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/fileadmin/user_upload/Gesundheitsbericht_2022_final.pdf. Zuletzt abgerufen am 02.05.2023.
  3. S3-Leitlinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM). 2. Auflage 2018, zuletzt geändert 28.06.2019. Patientinnenempfehlung. https://register.awmf.org/assets/guidelines/057-008p_S3_Gestationsdiabetes-mellitus-GDM-Diagnostik-Therapie-Nachsorge_2020-01.pdf. Zuletzt abgerufen am 02.05.2023.

MAT-DE-2301518v1.0 5/2023